Der Schriftsteller Walter Benjamin sagte einmal: »Wer sich der eigenen Vergangenheit zu nähern trachtet, muss sich verhalten wie ein Mensch der gräbt. Vor allem darf er sich nicht scheuen, immer wieder auf einen und denselben Sachverhalt zurückzukommen - ihn auszustreuen, wie man Erde ausstreut, ihn umzuwühlen, wie man Erdreich umwühlt.« Nach dieser Erkenntnis sammelte der Studienrat, Antiquar und Sozialwissenschaftler Gerhard Schneider die Kunst der Verfemten und Vergessenen. Geschick, Wissen und Leidenschaft ließen seine Sammlung »Expressive Gegenständlichkeit« anwachsen. Schneider hat sich zum Ziel gesetzt, eine Kunst ins Gedächtnis zu heben, die durch die ideologischen Verwerfungen, zwei Weltkriege und einem Jahrzehnte währenden kalten Krieg beinahe in Vergessenheit geraten wären. Der opulente Bildband ist eine beeindruckende Präsentation über die Schicksale figurativer Malerei und Graphik im 20. Jahrhundert, zu der auch der bestehende Fundus früher Arbeiten Georg Meistermanns und Skulpturen von Milly Steger gehören. Das besonders wertvolle der Sammlung besteht darin, dass hier erstmalig in dieser Dimension Bilder von Künstlern gezeigt werden, die auch nach der Verfemung, Verfolgung und Vernichtung in beiden Nachfolgestaaten (BRD/DDR) vernachlässigt und vergessen wurden. Sind die Werke von Kirchner, Grosz, Nolde, Klee oder Kokoschka bekannt, gewürdigt und erforscht, trifft das bei weitem nicht für Künstler wie Gerd Böhme, Oscar Zügel, Georg Netzband, Henri Epstein, Robert Liebknecht, Carl Rabus, Käthe Löwenthal, Elfriede Lohse-Wächtler, Erna Schmidt-Caroll, Hubert Rüther oder Leo Haas zu. So steckt der vorliegende Band mit Abbildungen von 700 Kunstwerken voller Entdeckungen. Die Kurzbiografien von über 260 teilweise verfolgen und dadurch unbekannt gebliebenen Künstlern machen diesen Band ebenso zu einem wichtigen Nachschlagewerk.