Insgesamt fanden in dem halben Jahrhundert zwischen Gutenberg und Luther achtzehn deutsche Bibeln ihr Publikum. Als schönste aber gilt die Lübecker Bibel des Steffen Arndes, deren Druck am 19. November 1494 abgeschlossen war. Neu und meisterlich sind die Holzschnitte - vermutlich von einem flämischen Meister ausgeführt - die durch raffinierte Schwarzweiß-Abstufungen die Illusion von Licht und Schatten erzeugen und keine blassen Heiligenfiguren vorführen, sondern behäbige Bürgersleute, bärbeißige Krieger, gravitätisch schreitende Patriarchen und kokette Damen. Aus den Fensterchen einer gemütlich auf sanften Wellen treibenden Arche Noah gucken schläfrige Tiere wie im Zoo kurz nach der Fütterung. Ein grimmig dreinblickender Mose hetzt überdimensionale Heuschrecken, die ihre Fühler zu Schwertern umfunktioniert haben, auf die uneinsichtigen Ägypter, während ein tiarabekrönter Gottvater gespannt auf die Szene blickt.