Lange unbeachtet blieb in der Kunstwissenschaft die Tatsache, dass das gezielte Zusammentragen von Kupferstichen, Radierungen und Holzschnitten in West- und Mitteleuropa im 17. und 18. Jahrhundert weiter verbreitet war als der Aufbau einer umfangreichen Gemäldesammlung. Auf breiter Quellenbasis werden in der vorliegenden Studie die Veränderungen im Umgang mit druckgraphischen Blättern im Zeitraum von fast drei Jahrhunderten analysiert. Anhand von elf teils erstmals untersuchten Kupferstichsammlungen - darunter die Sammlungen von Michel de Marolles, Maximilian Willibald von Waldburg-Wolfegg und des Kurfürsten Maximilian I. von Bayern - wird diskutiert, welche Interessen das Arrangement dieser Kollektionen und die ihnen zugrunde liegenden Ordnungssysteme bestimmten. Eingebettet sind die Analysen in den Kontext der zeitgenössischen Sammlungstheorien mit ihren nachhaltigen Veränderungen zwischen der Publikation der ersten museologischen Schrift von Samuel Quicchelberg (1565) und dem Tod Adam von Bartschs (1821), der als Kustos der Kupferstichsammlung der Wiener Hofbibliothek mit seinem Handbuch des »Peintre-Graveur« die noch heute dominierende Betrachtungsweise von druckgraphischen Blättern prägte.