Der renommierte Kunsthistoriker (und 68er) Klaus Herding wirft in seinem Essay einen genauen Blick auf die bisher kaum analysierte Kunst der Jahre 1963-1967. Es geht dabei vor allem um die psychedelische Kunst und die Pop Art, amerikanische Künstler wie Hamilton, Indiana, Kienholz, Lichtenstein, Oldenburg, Rauschenberg oder Warhol und einige Europäer wie Arman und Beuys. Diese Künstler versuchten, hohe und Alltagskunst, bildende Kunst und Design miteinander zu verbinden, die Grenzen der Gattungen zu öffnen und damit auch kulturelle Grenzen zu überwinden und die Sinneswahrnehmung zu erweitern. In fünf Thesen wird die heutige Aktualität dieser Kunst dargelegt. Herding sieht in der Kunst der späten 60er Jahre auch den weltweiten Versuch, Herrschaft zu demaskieren oder auf die Schippe zu nehmen. Die Kunst lieferte also einen Vorschein von Freiheit, der von der 1968er Bewegung aufgegriffen wurde. Paul Virilio hatte dazu bereits 1966 den passenden Slogan gefunden: »Die Phantasie an die Macht!«. Der Autor beendet seinen Essay mit einem Zitat aus Pascal Mercier Romans »Nachtzug nach Lissabon«: »Die Einbildungskraft - sie ist unser letztes Heiligtum«.