»Einst war er das Vorbild schlechthin: als Politiker und Patriot, der nach 1806, in der tiefsten Erniedrigung Preußens, mit unerschütterlichem Mut jene Reformen durchsetzte, die den Staat freiheitsfähig machten ... Nun hat Heinz Duchhardt Steins Leben neu geschrieben ... Entstanden ist ein grundsolides, informatives Buch. ... Sorgfältig arbeitet sich der Verfasser anhand der Akten- und Quelleneditionen voran. Kundig fügt er Archivmaterial zu Steins konfliktreichem, aber unspektakulärem Privatleben hinzu. ... Das aber führt ihn je länger, je mehr dazu, schlechthin alles zu relativieren, was die ältere Forschung in Stein sehen wollte: dass er ein patriotischer Visionär gewesen sei, ein Anwalt politischer Freiheit, ein führender Reformer, ein souveräner Planer, ein genialer Organisator, ein beeindruckender Charakter. Nichts davon war Stein, nur ein bulliger kleiner Mann, dessen Tatkraft teils enthusiasmierte, teils enervierte und der in Erregung in einen »rapiden und stürzenden« Redefluss zu verfallen pflegte. Eine Mischung aus Hartmut Mehdorn und Hans Moser also. Aber muss man ihn dann noch kennen? ... dass der einstige Held zum allenfalls interessanten Alltagstyp schrumpft, ist das Ergebnis hoher kritischer Wahrhaftigkeit - aber auch der authentische Ausdruck einer akademischen Geschichtskultur, die vor theoretischen Skrupeln und politischer Korrektheit auf dem besten Wege ist, sich selber abzuschaffen. (FAZ)