Der belgische Künstler James Ensor (1860-1949) zählt zu den großen Vorläufern der Moderne. Seine radikale Modernität ist aber nicht die Folge eines neu geschaffenen formalen Stils. Vielmehr zeichnen sich seine Arbeiten durch Themen aus, die auch heute noch verwundern und schockieren können. Seine Bilder maskierter Menschenmassen, die sich dem Betrachter entgegen drängen, sind angefüllt mit ebenso kritischen wie spöttischen Kommentaren zu seiner sozialen und kulturellen Umgebung. Sie bringen seinen schwarzen Humor zum Ausdruck und gleichzeitig verbinden sie seine Gegenwart mit einer künstlerischen Tradition, die gut und gerne zwei- bis dreihundert Jahre zurückreicht. So findet man künstlerische Bezüge zu Rembrandt wie auch zu Hieronymus Bosch und Pieter Brueghel dem Älteren. Sie werden einerseits sichtbar in den ungeschönten Darstellungen niederer Volkstypen und andererseits in Visionen kaum denkbarer Höllen. Der Tod ist ein steter Besucher seiner Bilder, man möchte fast sagen ein guter Freund des Künstlers. So ist er als Sensenmann, Mordopfer oder Skelett - mit oder ohne Zylinder - in zahlreichen Motiven präsent. Mindestens ebenso oft begegnet dem Betrachter Christus als lichtumgebene Erlöserfigur. Der kleine aber feine Band zeigt Radierungen, Lithografien und eine eigenhändige Zeichnung, 52 Meisterwerke. (Wunderhorn)