August Gaul (1869-1921) war der Zoologe unter den Künstlern. Er erhob die Tierplastik zum eingeständigen Motiv. »Was mich bei den Tieren anzieht, ist ganz wesentlich künstlerischer Art. Ich mache Tiere, weil es mich freut«, bemerkte der Künstler über seine Werke. Bereits sein erster Auftrag führt ihn an die Spitze der deutschen Bildhauerei. Unter der Leitung seines Lehrers Reinhold Begas wirkte Gaul am ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal in Berlin mit. Seine beiden dafür geschaffenen Löwen gestaltete er im heroischen Stil des Historismus. Sie befinden sich heute im Berliner Tierpark, aufgestellt vor dem Löwenhaus. Schon bald wendet der Künstler eine reduziertere Formensprache an, die die Kunst des Art déco bereits ankündigt. Seine »Große stehende Löwin«, präsentiert auf der Berliner Secessionsausstellung 1901 und heute vor der Alten Nationalgalerie in Berlin zu besichtigen, wurde sein erster großer Erfolg. Mit ihr begann Gauls Karriere als freier Künstler. Berühmtheit und Eingang in Sammlungen weltweit erlangte er mit seinen naturalistischen Kleinbronzen, von denen der »Stehende Bär« eines der ausdrucksstärksten Beispiele ist. Durch die Aufnahme einer Witterung neugierig geworden, richtet sich der junge Bär auf und versucht sich im Stehen einen besseren Überblick zu verschaffen. Das Tier wendet den Kopf leicht zur Seite. Durch den Körper geht eine leichte Drehung nach links, die der Kopfwendung folgt. Der freundlich dem Betrachter zugewandte Braunbär trägt ein dichtes Fell, dessen Polsterung der Künstler meisterlich ausarbeitete. Die detailliert gestaltete Replik vermittelt einzigartig den Eindruck des Originals. Die unregelmäßig gestaltete Oberfläche täuscht den Eindruck von sanftem Pelz vor und die Farbe gibt den glanzvollen golden schimmernden Braunton wieder. In den Geschäftsbüchern des Kunstsalon Cassirer sind nur 12 Verkäufe dokumentiert. Dies lässt darauf schließen, dass ursprünglich nur wenige Exemplare gegossen wurden.