Zeitgenossen rühmten die überaus erfolgreichen Bücher des Kunstschriftstellers und Kritikers Julius Meier-Graefe (1867-1935) als »neue Schule des Sehens«. In seinen Schriften konzentrierte er sich auf die moderne Malerei, bewahrte Künstler des 19. Jahrhunderts durch seine ästhetische Neubewertung vor dem Vergessen und prägte maßgeblich den Kanon der heutigen Kunstgeschichte. Meier-Graefe wurde durch seine außerordentliche literarische Produktivität und seine kulturpolitische Geltung zu einer zentralen Figur für den europäischen Kulturtransfer im frühen 20. Jahrhundert. Freundschaften mit Künstlern wie Munch, van de Velde oder Beckmann, die rege Zusammenarbeit mit Sammlern, Kunsthändlern und Museumsleitern sowie sein unermüdlicher Einsatz für den Impressionismus machten Meier-Graefe zu einem einzigartigen Vermittler der Moderne. Als Kosmopolit war seine Perspektive auf die Kunst unbedingt international. In den fundierten und facettenreichen Beiträgen des Bandes werden seine kunstkritische Praxis, ihre Referenzen und medialen Strategien sowie ihr enormer Wirkungsradius kontextualisiert und analysiert.