Im Archäologischen Museum der Universität Halle begann gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Aufbau einer Sammlung mit Kopien antiker Wandgemälde und Bildern bemalter Grabsteine aus den Vesuvstädten Herculaneum und Pompeji, dem mittelgriechischen Demetrias und Wandmalereien aus Knossos auf Kreta. Diese künstlerischen Aquarellkopien waren präzise Wiedergaben der antiken Darstellungen, ihres Erhaltungszustandes und ihrer Farbigkeit unmittelbar nach der Freilegung. Vom Beginn der Ausgrabungen im 18. Jahrhundert in Herculaneum bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Aquarellmalerei als archäologische Dokumentationsform für die antike Freskenmalerei genutzt, bevor die Fotografie sie endgültig ablöste. Die Museumssammlung der Aquarellkopien in Halle, zumeist antiker Mythenbilder, aber auch mit Bildern Verstorbener sowie mit kultischen Palastbildern aus Knossos, wurde vor allem durch den Archäologen CarlRobert (Direktor des Museums von 1890 bis 1920) angelegt. Gemalt wurden die meisten von dem Schweizer Künstler Émile Gilliéron, der in Athen lebte und als bekannter Maler, Zeichner und Restaurator bei vielen Ausgrabungen in Griechenland mitwirkte. Anders als das heutige archäologische Forschungsinteresse, das eher den Intentionen des Auftraggebers, Hinweisen auf den Künstler sowie dem Kontext gilt, ist die weitgehend unbekannte Sammlung der Aquarellkopien im Archäologischen Museum Ausdruck und Ergebnis eines künstlerisch-wissenschaftlichen Forschungsprozesses.