Weit über hundertmal hat Franz von Stuck seine Tochter Mary (1896-1961) porträtiert, als Gemälde oder Pastell, als Gouache oder Zeichnung. Dieses wichtige Thema im Werk Stucks wird hier erstmals monographisch behandelt. Auch die Biographie der Stuck-Tochter wird genauer als bisher in den Blick genommen. Das Kind wurde 1896 unehelich geboren, Stuck heiratete aber nicht etwa die ledige Mutter, sondern die attraktive Taufpatin Mary Lindpaintner. 1904 adoptierte das Ehepaar Stuck die Tochter gegen den erklärten Willen ihrer leiblichen Mutter. Bis zu ihrer eigenen Verehelichung 1917 diente die junge Mary Stuck ihrem Vater als ein geduldiges und professionelles Modell. ln unzähligen Posen wurde Sie abgelichtet, mit Schleifen im Haar oder im Rüschenhut, als Torero oder Griechin, im Velázquez-Kostüm oder in Alt-Münchner Tracht. Viele dieser Fotos dienten als Vorlagen für Gemälde oder Zeichnungen. Offenbar war das hübsche Mädchen, die attraktive junge Frau ein auch beim Publikum sehr beliebtes Bildmotiv. Wobei unklar bleibt, ob es den Käufern mehr darauf ankam, ein Bildnis der Tochter des berühmten »Malerfürsten« zu erwerben, oder ob es ihnen vor allem um ein harmlos-niedliches, ästhetisches oder verhalten erotisches Motiv ging.