Die »Très Riches Heures«, unbestreitbarer Höhepunkt spätmittelalterlicher Buchmalerei, sind heute ebenso berühmt, wie sie es zu ihrer Entstehungszeit waren. Die Brüder Paul, Jean und Hermann Limburg, die diese Handschrift um 1416 für den kunstliebenden Herzog von Berry (1340-1416) verschwenderisch illuminierten, hatten damit weit mehr als eines der üblichen Stundenbücher für den Privatgebrauch eines Fürsten geschaffen: In den Miniaturen, namentlich den ganzseitigen Monatsbildern, hatten sie die Tradition der mittelalterlichen Buchmalerei zu höchstem Glanz geführt und zugleich durch ihren neuen Realitätssinn überholt. Ihre detailreichen, naturgetreuen Schilderungen von Landschaften, Städten, Schlössern, Edelleuten und Bauern waren absolut bahnbrechend. Die Brüder Limburg standen seit 1404 im Dienst des bibliophilen Herzogs. Ihre Kunst hatte ihr unverwechselbares, eigenes Gepräge, das sich jeder Nachahmung entzog, so war und blieb ihr Werk auch fortan ein Höhepunkt der abendländischen Malerei. Der plötzliche Tod der drei Brüder und des Herzogs im Jahr 1416 hat jedoch die Fertigstellung der Handschrift verhindert, und die Arbeit kam zunächst zum Erliegen. Die noch unfertige und ungebundene Handschrift gelangte auf Erbschaftswegen in den Besitz des Hauses Savoyen zu Herzog Karl I., der das Prachtwerk durch Colombe vollenden ließ. Colombe muß wohl vom Stil der Brüder Limburg beeindruckt gewesen sein, ahmte ihn aber nicht einfach nach, sondern entwickelte ihn den Vorstellungen seiner eigenen Zeit entsprechend weiter. Besonders die Kalenderblätter bergen noch Geheimnisse: So nimmt die kunsthistorische Forschung auch einen »Zwischenmaler« an, der um 1440 einige Kalenderbilder fertiggestellt haben könnte; dies bleibt jedoch umstritten. Hier die wunderschöne Ausgabe mit exzellent reproduzierten Farbtafeln, Miniaturen und Szenen aus dem Alltagsleben im ausgehenden Mittelalter sind ebenso wie die Textseiten im Originalformat wiedergegeben. (englische Ausgabe, Ursprungstext originalgetreu Vulgärlatein).