Manchmal gibt es tatsächlich noch die Überraschung des unentdeckten Genies - wie im Fall des Saul Leiter (1923-2013): Derzeit entdeckt die Kunstwelt den bisher von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt gebliebenen Fotografen und Künstler, und das Haus der Photographie Hamburg würdigt ihn mit einer ersten großen Retrospektive weltweit. Seine verblüffend zeitgenössisch wirkenden Aufnahmen weisen ihn als Meister im Einfangen von Atmosphären und Stimmungen des großstädtischen Lebens mit all seinen flüchtigen Nuancen aus. Dazu ist wissenswert, dass Saul Leiter von Hause aus Maler war und z.B. mit Willem de Kooning ausstellte. Nach 1940 begann er, Fotos zu machen, als einer der ersten setzte er auf die Farbfotografie, seine verwischten, abstrahierenden Bilder thematisieren die Großstadt New York und ihre Bewohner und eröffneten in den 1950er Jahren eine völlig neue visuelle Ästhetik, die »Street Photography« hat er wesentlich mitgeprägt. Seine auf uns so zeitgenössisch wirkenden Aufnahmen wirken so denn auch weniger wie Fotos, sondern sehr viel eher wie Malerei. Neben seinen Schwarz-Weiß Fotografien und außergewöhnlichen Farbaufnahmen zeigen die Deichtorhallen erstmals seine Modefotografie, seine übermalten Aktfotos sowie seine Malerei und seine einmaligen Skizzenbücher. Ein absolutes Highlight im Ausstellungskalender, das erstklassig produzierte Katalogbuch eine in der Tat freudvolle Entdeckungsreise in ein bisher vernachlässigtes Kapitel Fotografiegeschichte. (Text dt., englisch, Kehrer)
