Neudruck des Faksimiles von 1973. Das von Martin Luther aus dem Griechischen übersetzte Neue Testament, das sogenannte September-Testament, leitete den beispiellosen Aufschwung des Buchdrucks in Deutschland ein. Die im September 1522 in Wittenberg erschienene ungewöhnlich hohe Auflage war bald vergriffen, so dass schon im gleichen Jahr neue Auflagen gedruckt wurden. Zwischen 1523 und 1534 erschien in Teilausgaben dann das von Luther aus dem Hebräischen übersetzte Alte Testament. Die Nachfrage war derart groß, dass »Luthers Bibeldrucker«, Hans Lufft, fast jedes Jahr neue, von Luther bis zur endgültigen Fassung von 1545 korrigierte Ausgaben druckte, unter ihnen die von 1541. Aus dieser Ausgabe liegt hier das mit 26 kolorierten Holzschnitten versehene letzte Buch des Neuen Testaments in einem Faksimiledruck vor: Die prophetische »Offenbarung Sanct Johannis«, vielfach auch »Apokalypse« (Offenbarung) genannt. Besonders die Ausdrucksgewalt, die figurenreichen, aufwändigen Kompositionen der Illustrationen, ihre erzählerische Qualität und die Intensität der Farben üben bis heute auf den Betrachter eine ungebrochene Faszination aus. Nicht nur der in ungeheuerlichen Visionen schwelgende Text des Apokalyptikers Johannes, sondern auch die zutiefst gefühlte Kampfsituation der Zeit, mit ihren zur Entladung drängenden religiösen und sozialen Spannungen, finden in den Abbildungen ihren kongenialen Niederschlag. Es kann heute als gesichert angesehen werden, dass die Abbildungen aus der Werkstatt von Lucas Cranach d.J. stammen. Er hatte 1537 die Leitung der Werkstatt seines Vaters übernommen, der eng mit Luther befreundet war. In der 1735 durch Johann Melchior Krafft veröffentlichten »Historischen Nachricht von der 1534 gedruckten Bibel« heißt es, Luther habe für diese Bibel »durch Lucas Cranachen kleinere, feinere Formen aufs neue schneiden lassen, dabei die Zahl seiner Figuren in der ganzen Bibel hin und wieder gar sehr vermehret«. Der außergewöhnliche Reiz der farbig kolorierten und mit Blattgold versehenen Holzschnitte wird durch die goldene Rahmung gesteigert, die jeder Darstellung den Charakter eines selbständigen Bildes gibt, welches dadurch allerdings aus dem ästhetischen Zusammenhang mit der Druckseite herausfällt, ja sogar mit ihr in Konflikt gerät, wenn etwa der Rahmen an manchen Stellen die darunter oder darüber befindliche Textzeile zum Teil überdeckt. Das ursprünglich dreibändige Werk war im Besitz der Stadt Zerbst, der Nachbarstadt Wittenbergs. Als erste gewichtige Stadt nach ihr hatte sich Zerbst, damals die größte und geschichtlich wie wirtschaftlich bedeutendste Stadt Anhalts und »decus et ornamentum totius Anhaltinatus« (Zierde und Schmuck von ganz Anhalt), der Reformation angeschlossen.