Im 2. Jh. n. Chr. verfasste der Astronom und Geograph Claudius Ptolemäus unter Kaiser Hadrian seine Geographia auf Griechisch. Zwischen 1466 und 1471 entstand eines der 12 erhaltenen Beispiele von Ptolemäus‘ Geographia in lateinischer Sprache, übersetzt von Iacopo Angeli da Scarperia. Das vorgestellte Buch trägt eine Widmung von Niccolò Germanico, Kartograph, an Herzog Borso d’Este. Ptolemäus war ein griechischer Mathematiker, Geograph, Astronom, Astrologe, Musiktheoretiker und Philosoph. Seinen Berechnungen zufolge musste sich die Erde im Mittelpunkt des Weltalls befinden. Das ptolemäische Weltbild sollte sich bis zum Ende des Mittelalters als Standardvorstellung der Astronomie im europäischen Raum behaupten. Der Codex Pluteo 30.3 der Biblioteca Medicea Laurenziana gehört zu einer der repräsentativsten Strömungen der ptolemäischen Manuskripttradition des 15. Jahrhunderts. Donnus Nicolaus Germanus (ca. 1420 - ca. 1490), deutschstämmiger Florentiner, Kosmograph und Astrologe, gab das Werk in der lateinischen Übersetzung des italienischen Humanisten Iacopo Angeli da Scarperia (lat. Jacobus Angelus, ca. 1360 - 1411) neu heraus. Beauftragt hatte ihn Borso dEste (1413 - 1471), Herzog von Modena und einer der mächtigsten Fürsten der Renaissance. Der Name Iacopo Angeli ist vor allem mit der Übersetzung von Ptolemäus‘ Geographia verbunden, deren Originaltitel er ebenfalls in Cosmographia änderte, einem Werk, das vermutlich von Manuele Crisolora (Konstantinopel, 1355 - Konstanz, Deutschland, 1415) begonnen und das Iacopo zwischen 1409 und 1410 vollendet hatte. Diese lateinische Version wurde bald ein echter Erfolg, zunächst in Manuskripten und Pergamenten kopiert und umgeschrieben, dann in gedruckter Form reproduziert. Von diesem Moment an öffneten sich die Geographie und verwandte wissenschaftliche Disziplinen einem breiten Publikum von Wissenschaftlern und Experten auf diesem Gebiet. Der Laurenziana-Atlas des Borso dEste war wegen seines Umfangs und seiner künstlerischen Raffinesse ein Objekt, das repräsentativen Zwecken diente und nur ausgewählten Personen zugänglich wurde. Heute ist er Teil einer der bedeutendsten Handschriftensammlungen der Welt. Das Werk stellt den höchsten Ausdruck griechisch-römischen geografischen Wissens dar. (Original Ms. Pluteo 30.3 Biblioteca Medicea Laurenziana, Florenz). (Text engl., ital.)