Zu allen Zeiten versuchte man, durch den Rückgriff auf historische Bauformen, die als bewusste Pendants im stilistischen »Wettstreit« mit der vorherrschenden, zeitgenössischen Architektur standen, den eigenen Standort in der Geschichte zu bestimmen. Dieser Rekurs auf längst vergangene Stilformen ist kein Phänomen des 19. Jahrhunderts, wie es häufig unter dem Begriff des »Historismus« suggeriert wird, sondern begegnet in der abendländischen Kunstgeschichte schon wesentlich früher. Er gilt in der Kunstgeschichte sogar als - ein zweites Hauptthema - neben den kanonisierten Epochengattungen. Trotz zahlreicher Einzeluntersuchungen zum Phänomen des Retrospektiven bzw. der Historismen in der Kunstgeschichte des Mittelalters und der frühen Neuzeit harrte das Thema - vor allem in der Architektur - bisher einer umfassenden Bearbeitung entbehrt. Dieser Band schließt die Lücke, inden es eine epochenübergreifende sowie geographisch breit angelegte und reich dokumentierte Untersuchung dieses Phänomens bietet. Ihre Ergebnisse stellen viele - auch prominente - Bauten in ein neues Licht und führen vielfach zu Neudatierungen.