Die Würzburger Residenz ist - anders als lange angenommen - weit mehr als nur ein Zeugnis absolutistischer Repräsentationsfreude und barocker Bauleidenschaft. Diese interdisziplinäre Studie, die kunstgeschichtliche Betrachtungen mit historischen, theologischen und rechtsgeschichtlichen Fragestellungen verbindet, unterzieht das Schloss einer völlig neuen Deutung. Die Initiatoren der Würzburger Residenz, die Grafen von Schönborn, waren im 18. Jahrhundert die wichtigsten Repräsentanten der Reichskirche. Anhand zahlreicher Quellen zeigt der Autor erstmals, wie diese »Schönbornsche Reichsidee« baulich zum Tragen kam. Eine besondere Rolle bei der Vermittlung ihrer politischen Ideen maßen die Schönborn und ihre Nachfolger einer Kunst bei, die traditionelle Bildmotive mit dem Gedankengut der katholischen Aufklärung verband. Beispielhaft hierfür sind die Fresken, die Giovanni Battista Tiepolo von 1751 bis 1753 im Kaisersaal und im Treppenhaus der Residenz schuf. Auf der allegorischen Sinnebene stellte der Venezianer das Reich in einen kosmisch-metaphysischen Zusammenhang. Wie eingehende ikonographische und bauliche Untersuchungen ergeben, fügen sich die Tiepolo-Fresken in ihrer Aussage wie in ihrer Formensprache nahtlos in die Architektur Balthasar Neumanns ein. Entgegen der herkömmlichen Forschungsmeinung blieb der Residenzbau - trotz mehrerer Plan- und Stilwechsel - bis zu seiner Vollendung einer ganzheitlichen Konzeption verpflichtet.