Diese Abschrift des Wiener Codex erlangte bereits zu Lebzeiten seines Verfassers große Berühmtheit und eine planmäßige Verbreitung. Als sein Autor ist - durch einen Verfasservermerk und mehrere Quellen ausgewiesen - der Fuldaer Mönch und spätere Bischof von Mainz, Hrabanus Maurus, gesichert. Der als »praeceptor Germaniae« gelobte Hrabanus gab seiner Schrift die literarische Form der Bildgedichte, die schon sein berühmter Lehrer Alkuin in Tours geübt hatte. Hrabanus führte diese Gattung zu einer neuen Blüte. Unter den 28 Bildgedichten unserer Handschrift lassen sich zwei verschiedene Typen feststellen: Zum einen finden sich »Figurengedichte« mit geometrischen Schemata, zum anderen solche, deren innere Sinnzeilen menschliche und tierische Gestalten füllen. Beide Formen - die abstrahierenden Zeichen wie die Abbilder (imagines) - können auf spätantike Traditionen zurückgeführt werden. Zur Erleichterung der Lesung der in Bogen oder oft auch gegenläufig angeordneten inneren Gedichte dient der jedem Bild unmittelbar gegenübergestellte, in Minuskeln ausgeführte Prosatext auf der Recto-Seite. Er erläutert den Sinn und wiederholt - meist in roter Tinte besonders gekennzeichnet - die hervorgehobenen Wortgruppen der Verso-Seite. Aber nicht nur inhaltlich, sondern auch historisch ist dieser Codex äußerst spannend, denn es gab verschiedenen Abschriften mit unterschiedlicher Widmung, die jedoch später als zum Codex gehörig angesehen und mit kopiert wurden! Die Faksimilierung gilt als technische Glanzleistung ihrer Zeit!