Der in Lyon geborene Pianist Walter Gieseking studierte in Hannover Klavier und schlug bald eine Weltkarriere als Solist ein - erst in Europa, dann auch in den USA. Er galt als Meister des französischen Repertoires - legendär sind etwa seine Einspielungen der Klavierwerke von Maurice Ravel und Claude Debussy. Giesekings Spiel lebte von seiner Akribie und Beobachtungsgabe, aber ebenso von einem Zuhausesein in verschiedenen europäischen Kulturen und einem daraus resultierenden Verständnis für unterschiedlichste Formen der Musik, das sich auch in einem sehr breiten Repertoire widerspiegelte, das neben den Klassikern auch damals unbekanntere Komponisten wie Hindemith, Schönberg, Busoni und Szymanowski umfasste. Seine Klaviertechnik vermittelte eine bis dahin ungehörte Leichtigkeit. Gieseking übersetzte Gefühle mühelos in körperliche Bewegung, eine einmalige emotionale Direktheit des Klanges war die Folge. Die Kombination aus Genauigkeit und solch ungezügelter Hingabe kam Walter Gieseking auch bei der Einspielung des Mozart’schen Klavierwerks zugute, bedarf dessen Musik schließlich bei höchstem technischen Anspruch eine zwingend erforderliche akustische Leichtigkeit. Die vorliegende Gesamtaufnahme verdeutlicht, warum Walter Gieseking unbestritten als einer der wichtigsten Pianisten des zwanzigsten Jahrhunderts gilt. (Jan Gärtner)
