In den 1960er-Jahren wurde Gerhard Richter bekannt für seine fotorealistischen Gemälde. Vorlagen für diese Bilder fand der Maler in Anzeigen, Werbeblättern und Zeitschriften. In Ölfarbe gemalt, verwischte er in einem letzten Arbeitsschritt die noch frischen Farben mit einem breiten Borstenpinsel von links nach rechts. Als Vorlage für das Rosen-Stillleben, dessen allerletzte Exemplare Sie bei uns bestellen können, diente ihm eine banale Alltagsfotografie. In der Aufsicht sieht man darauf einen Rosenstrauß in einer Kristallvase vor einem leicht geöffneten Fenster. Bei der Umsetzung verzichtet Richter auf den senkrechten Teil des Fensterrahmens und schafft so eine hell leuchtende Fläche als Hintergrund. Beim Untergrund verschwindet die starke Lichtreflektion. An deren Stelle tritt ein leichter Rosaton, den Richter unter das Grau der Tischfläche mischt und der als Farbspiegelung der Blüten dient. Bei der Vase zeigt der Künstler die hohe Kunst der Glasdarstellung: die Wiedergabe von durchscheinender, reflektierender und stabiler Substanz. Richters Verdienst ist die Wiederbelebung bereits totgeglaubter Sujets. Dem sanften Revolutionär gelang es, die als überholt eingeschätzte Gattung des Stilllebens wieder aufleben zu lassen.
